Datum/Zeit
Date(s) - 07/10/2024
19:30 - 21:30
Veranstaltungsort
Literarisches Colloquium Berlin
Kategorien
Buchpremiere:
Maria Stepanova
»Der Absprung«
Im Gespräch mit Olga Radetzkaja
Wie schreiben, wenn die Wörter im Mund zerfallen? Was tun, wenn das eigene Land nur noch für Tod und Zerstörung steht? Über ihren neuen Roman »Der Absprung« (Suhrkamp) spricht Maria Stepanova mit ihrer Übersetzerin Olga Radetzkaja. Die Schriftstellerin M., seit einigen Monaten im europäischen Exil, bricht ins Nachbarland auf – ein Festival hat sie zu Lesungen eingeladen. Die Reise ist voller Pannen: Der vorgesehene Anschlusszug existiert nicht, das Ladekabel des Telefons geht verloren. Auf dem Grenzbahnhof in F. wartet niemand, der Kontakt zu den Veranstaltern ist abgebrochen. Die Lage erfüllt sie mit Erleichterung. M. durchstreift die Stadt und was ihr begegnet, sind lauter Freiheitsversprechen: ein Escape Room, ein Wanderzirkus, eine flüchtige Bekanntschaft – und am Ende die lang ersehnte Chance, ihre Identität loszuwerden und zu verschwinden. Aber kann das gelingen? Sasha Marianna Salzmann hält fest: „Die russische Sprache, meine Muttersprache, ist verkommen zu einem Symbol für die Erstarrung in einer imaginären Vergangenheit. Für Lügen. Für Nostalgie. Für Aggression. Maria Stepanovas gesamtes Werk war von jeher ein stoisches Dagegenhalten.“
Maria Stepanova ist bis Juni 2025 Fellow des DAAD-Künstlerprogramms. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD.
Tickets
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8 € / 5 €. Auch an der Abendkasse.
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Teilnehmer•innen
Maria Stepanova, Olga Radetzkaja
Quelle: Literarisches Colloquium Berlin
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BUCHPREMIERE
Maria Stepanova
Montag, 07.10.2024, 19:30
Literarisches Colloquium Berlin e. V.
Am Sandwerder 5
14109 Berlin
Deutschland
Maria Stepanova liest aus Der Absprung
Moderation und Übersetzung: Olga Radetzkaja
Eintritt:
€ 15,- / erm. € 4,-
Weitere Informationen zur Veranstaltung:
Maria Stepanova
Der Absprung
Roman
Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja
Wie schreiben, wenn die Wörter im Mund zerfallen? Was tun, wenn das eigene Land nur noch für Tod und Zerstörung steht?
Die Schriftstellerin M., seit einigen Monaten im europäischen Exil, bricht ins Nachbarland auf – ein Festival hat sie zu Lesungen eingeladen. Die Reise ist voller Pannen: der vorgesehene Anschlusszug existiert nicht, das Ladekabel des Telefons geht verloren. Auf dem Grenzbahnhof in F. wartet niemand, der Kontakt zu den Veranstaltern ist abgebrochen.
Die Lage erfüllt sie mit Erleichterung. M. durchstreift die Stadt, und was ihr begegnet, sind lauter Freiheitsversprechen: ein Escape Room, ein Wanderzirkus, eine flüchtige Bekanntschaft – und am Ende die langersehnte Chance, ihre Identität loszuwerden und zu verschwinden. Aber kann das gelingen?
Die Geschichte spielt im Sommer 2023: Russlands Krieg gegen die Ukraine endet nicht. Metaphern und Anspielungen, von Thomas Hobbes bis Paul Bowles, durchziehen Stepanovas fesselnde, an Wahrnehmungen und Gedanken reiche Prosa. Hat sie, die Nabokov-Leserin, eine Einladung zur Selbst-Enthauptung geschrieben? Es bleibt an uns, den Leserinnen, ob wir ihren »Absprung« als Akt der Befreiung oder der Verneinung verstehen wollen.
Maria Stepanova
Winterpoem 20/21
Zweisprachige Ausgabe . Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja
Der Ausbruch der Covid-Pandemie setzte im März 2020 einem Aufenthalt Maria Stepanovas im britischen Cambridge ein Ende. Zurück in Russland, verbrachte sie die folgenden Monate in einem Zustand der Erstarrung – die Welt hatte sich vor ihr zurückgezogen, die Zeit war »ertaubt«. Als sie aus diesem Zustand auftauchte, begann sie Ovid zu lesen. Motive fanden zueinander, die lange in ihr gewartet hatten. Wie schon in Der Körper kehrt wieder verwandelt sie historische und aktuelle Kataklysmen in ein ungemein feingliedriges, bewegliches Gebilde aus Rhythmen und Stimmen.
Das Poem, das in einer rauschhaften poetischen Inspiration entstand, spricht vom Winter und vom Krieg, von Verbannung und Exil, von sozialer Isolation und existentieller Verlassenheit. Stepanova findet grandiose Bilder für das Verstummen: wenn etwa Worte, die wir einander zurufen, in der Luft gefrieren und unser Gegenüber nicht mehr erreichen. Das Werk verwebt Liebesbriefe und Reiseberichte, chinesische Verse und dänische Märchen in eine vielstimmige Beschwörung der gefrorenen und langsam auftauenden Zeit.
Maria Stepanova
Mädchen ohne Kleider
Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja
Mädchen ohne Kleider, Kleider ohne Leute, Ob aus Luft – auch in ihren neuen, so liedhaften wie erzählerischen Gedichtzyklen macht sich Maria Stepanova an die »Reparatur des Lebens«. Auslöser können Zufallsfunde sein: etwa das Foto von einer jungen Namenlosen, nackt auf einer Chaiselongue, dem Auge des Freiers ausgesetzt wie das Wild im Visier des Jägers. Den existentiellen Impuls, Frauen dem pornographischen Blick zu entziehen und sie zu retten, indem sie ihre Schutzlosigkeit in Poesie bannt, spürt man in jeder Zeile. Sie setzt ihre ganze Kunst dafür ein, die Erschütterung in luzide, unpathetische Verse zu bringen.
Immer sind irgendwo Mädchen ohne Kleider.
Immer ist da etwas, das an ihnen frisst.
Immer ist da etwas, das von ihnen bleibt.
Immer ist da etwas für immer vorbei.
Nie mehr wird sie den Holztrottoir betreten,
In der Hand den zitronengelb welken Schirm
Wie ein Sonnenrad, das sich dreht,
Die Straßenfrau bei der Arbeit am Sex der anderen,
Dies ist das einzige Foto von ihr.
Darauf zu sehen: rund wie die Sonne, ihr Hintern.
Quelle: Suhrkamp Verlag/Insel Verlag
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