Datum/Zeit
Date(s) - 15/12/2021
20:00 - 22:00
Veranstaltungsort
Literaturforum im Brecht-Haus
Kategorien
Achtung: Diese Veranstaltung findet auch online statt!
LESUNG – Vor Ort sowie Livestream
Ulrike Edschmid
Mittwoch, 15.12.2021, 20:00
Literaturforum im Brecht-Haus
Chausseestraße 125
10115 Berlin
Deutschland
Ulrike Edschmid liest aus Levys Testament
Moderation: Erdmut Wizisla
Eintritt:
€ 5,- / erm. € 3,-
Zum Livestream:
https://www.youtube.com/channel/UC-bwA6oonJHTp-f4–QQ20g
Weitere Informationen zur Veranstaltung:
Ulrike Edschmid
Levys Testament
In Berlin haben sie sich kennengelernt, in London werden sie ein Paar. Ihre Tage verbringen sie im Gerichtssaal des Old Bailey, um Anarchisten zu unterstützen, denen drakonische Haftstrafen drohen. Streiks, Hausbesetzungen, Anschläge der IRA und die harten Reaktionen der Regierung bestimmen den Alltag im Winter 1971. Schwerelos wie im Traum erkunden die beiden die Stadt. Über seine jüdische Familie weiß der Engländer (wie die Erzählerin den Gefährten nennt) nur wenig zu sagen. Jahrzehnte später, ihre Trennung liegt lange zurück, kommt der Engländer einem Familiendrama auf die Spur. Sie führt zurück ins Old Bailey: 1924, ein spektakulärer Betrugsfall, angeklagt Levy, sein Urgroßvater.
Der rastlosen Suche des anderen folgend, sie mit ihren Fragen vorantreibend, stößt die Erzählerin auf das unergründliche Wirken der Geschichte, welche die entlegensten Episoden unseres Lebens miteinander verknüpft. Der leise, nüchterne, unerbittliche Ton macht Ulrike Edschmids Romane unverwechselbar. In Levys Testament verwandelt sich die Liebende in eine Chronistin und die Intimität des Gefühls in ein Instrument der Erkenntnis.
Ulrike Edschmid
Ein Mann, der fällt
Roman
Sommer 1986. Berlin-Charlottenburg. Ein Mann steht auf der Leiter und streicht die Decke einer Altbauwohnung, in die er mit seiner Gefährtin einziehen will. Da verliert er das Gleichgewicht und stürzt in die Tiefe.
Danach ist nichts mehr, wie es war. Brutaler hätte der Aufbruch zweier Menschen in die gemeinsame Zukunft kaum scheitern können. Doch was wie ein Ende erscheint, geht langsam über in die Erforschung eines unbekannten Kontinents: des eigenen Lebens.
Der Kampf mit der Querschnittslähmung und die erzwungene Verlangsamung des Alltags müssen sich in einer Umgebung behaupten, die sich mit dem Mauerfall rasant verändert. Iranische Oppositionelle, russische Neureiche, Roma-Flüchtlinge aus dem zerfallenden Jugoslawien ziehen ein. Jahrzehnte vergehen, die Wohnung im Eckhaus bleibt Beobachtungsstation und Zufluchtsort, ausgesetzt und geschützt zugleich. Unten auf der Straße wird das Leben nicht nur schneller, sondern lauter, roher, gewalttätiger. Dann leert sich das Haus. Am Ende bleibt das alte Liebespaar – und der lebenslange Versuch, standzuhalten.
Nach dem großen Erfolg ihres Romans Das Verschwinden des Philip S. stellt Ulrike Edschmid erneut ihr Vermögen unter Beweis, von der Essenz eines Unglücks zu erzählen. Und von dem anderen Blick auf die Welt, den wir dabei erlernen.
Ulrike Edschmid
Die Liebhaber meiner Mutter
Roman
Die Sommertage, an denen der erste Mann der Mutter im Segelflugzeug am Himmel über der Rhön kreiste, gehören in die Vorzeit. Er ist gefallen, die Erzählerin bleibt ohne Erinnerung an ihren Vater. Eine einsame Burg wird zur Zuflucht, nicht nur für die Mutter, die ihre Kinder mit Webarbeiten ernährt, sondern auch für entwurzelte Menschen aus der Umgebung. Die Härte des Lebens scheint die ungewöhnlich souveräne Frau, die auch den Tod zweier Kinder zu verkraften hatte, nicht zu verbittern. Sie versteht es, sich ihr Glück zu nehmen, wo es sich ankündigt. Liebhaber tauchen auf und gehen, wenn die Zeit um ist. Ein Student, eigentlich der Geliebte ihrer Freundin Claire. Ein amerikanischer Soldat, der mit den Befreiern gekommen ist; nach ein paar Monaten wird seine Einheit abgezogen – Abschied von einer Liebe, die ein unerfülltes Versprechen blieb, eines von vielen im Leben dieser Frau.
Wie in ihrer letzten Erzählung Nach dem Gewitter geht es Ulrike Edschmid um die Gelenkstellen, die Wendepunkte des Lebens. Aus großer Ferne blickt sie zurück auf jene Zwischenzeit, in der die vergangene Welt in Trümmern lag und eine andere als Verheißung am Horizont erschien. Die Freiheit der Mutter, ihre Liebhaber wieder fortzuschicken, war genauso ungewöhnlich wie die Leichtigkeit, mit der sie sich über die materielle Enge erhob. Trotz schmerzlicher Erfahrungen blieb sie dem Leben zugewandt. Als wäre Hannah Arendts Gedanke, immer wieder von vorn beginnen zu können, ihr heimliches Lebensprogramm gewesen.
Ulrike Edschmid
Nach dem Gewitter
Ein Paar unterwegs in Italien. Es ist eine Abschiedsreise. Kurz vor dem Städtchen M. liegen Fototüten am Straßenrand. Negative, Bilder einer Hochzeit. Ohne zu wissen warum, nimmt die Frau den Zufallsfund an sich und schleppt ihn mit sich herum, fast zwanzig Jahre lang. Erst als ihr Sohn heiratet, macht sie Abzüge. Was sie sieht, läßt sie nicht los. Wer sind die Menschen auf den Bildern? Wieso lagen die Tüten an jenem gewittrigen Nachmittag am Straßenrand? Aus welcher Zeit stammen sie? Warum stellen die fremden Bilder in ihren Händen »die Ordnung der Dinge in Frage«? Unerklärlich berührt, entschließt sie sich, nach M. zu fahren. Ihre zunächst harmlose Spurensuche entwickelt sich zu einer unheimlichen Geschichte. Je mehr sie das Geheimnis aufzuhellen versucht, desto tiefer gerät sie selbst hinein. Die Autorin spürt dem lautlosen Verschwinden nach, das sich unseres Lebens in jedem Augenblick bemächtigt. Es ist die Melancholie der Zufälligkeit, die einen aus ihrer klaren und genauen Erzählung anweht.
Quelle: Suhrkamp Verlag/Insel Verlag
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